Das Verhalten des Regenwurms bei Kälte und Hitze
In den Winter- und Sommermonaten sind Regenwürmer sehr selten zu sehen. Allenfalls während eines Regengusses kann man beobachten, wie die Tiere aus der Erde kriechen und sich auf dem feuchtem Untergrund aufhalten. Sobald die Witterungsbedingungen für sie ungünstiger werden, verschwinden sie wieder im Boden. Im Frühjahr und Herbst dagegen halten sich Regenwürmer viel häufiger auf dem Erdboden auf. Offenbar sagen ihnen die klimatischen Bedingungen in diesen Monaten sehr viel mehr zu. Woran liegt das?
By Foto: w:de:User:Michael Linnenbach (From the German Wikipedia) [GFDL or CC-BY-SA-3.0], via Wikimedia Commons
Der Regenwurm – ein wechselwarmes Tier
Regenwürmer haben keine konstante Körpertemperatur und gehören damit zu den wechselwarmen Tieren. Das bedeutet, dass ihr Organismus nicht in der Lage ist, die eigene Temperatur bei äußerer Hitze oder Kälte beizubehalten. Sie können sie allein durch ihr Verhalten beeinflussen.
Werden die klimatischen Bedingungen für sie unangenehm oder gar lebensbedrohlich, suchen sie günstigere Temperaturzonen auf. Im Gegensatz zu wechselwarmen Tieren können gleichwarme Organismen wie die meisten Vögel und generell Säugetiere ihre Körpertemperatur in gewissem Umfang regulieren.
In welchem Temperaturbereich fühlen sich Regenwürmer wohl?
Die bei uns heimischen Regenwürmer bevorzugen Temperaturen zwischen 10 und 14 Grad. Dabei werden darunter liegende Temperaturen eher toleriert als deutliche Abweichungen nach oben. Eine Ausnahme machen die Mistwürmer. Sie verbringen ihr Leben im Komposthaufen oder im Misthaufen und fühlen sich bei warmen Temperaturen zwischen 20 und 25 Grad am wohlsten.
Vorübergehender Rückzug bei Hitze oder Kälte
Sobald die Temperaturen vom Toleranzbereich des Regenwurms abweichen, zieht er sich in klimatische Zonen zurück, die für ihn angenehm sind. Bei einer mäßigen Über- oder Unterschreitung ihrer Akzeptanzwerte begeben sich die Tiere zunächst in tiefere Bodenbereiche, die von der veränderten Außentemperatur noch nicht betroffen sind. Dort wird abgewartet, ob die Witterung eine für sie akzeptable Wendung nimmt. Sollte dies nicht der Fall sein, so setzen sie einen weiteren Überlebensmechanismus ein: Sie fallen in die Hitze-, Kälte- oder auch Trockenstarre.
Die Ruhestarre
Sowohl im Sommer als auch im Winter fallen Regenwürmer mehrfach oder ununterbrochen in die für sie überlebenswichtige Ruhestarre – immer dann, wenn die Witterung allzu sehr von ihren Bedürfnissen abweicht. In diesem Zustand stellen die Tiere ihre vitalen Funktionen größtenteils ein. Ähnlich wie andere wechselwarme Tiere, die nur durch diese Maßnahme extreme klimatische Bedingungen überleben, rollen sie sich knäuelartig zusammen. Das geschieht oft in kleinen Gruppen oder ganzen Kolonien.
Der Ort für diesen Rückzug liegt meist weit unterhalb ihrer üblichen Wohnröhren in einer Tiefe von bis zu einem Meter unter der Erdoberfläche. Im Winter werden gerne Wärme speichernde Stellen unterhalb von Baumstümpfen oder großen Steinen gewählt. Eine hohe Schneedecke wirkt ohnehin isolierend. Die Ruhestätte wird mit Exkrementen ausgekleidet und stabilisiert. Durch einen Kotpropfen am Zugang wird sie von der Außenwelt abgeriegelt.
Wie lange ein Regenwurm diesen Überlebensmodus aushält, hängt hauptsächlich von seinem Alter ab. Generell haben Jungtiere bessere Chancen, eine längere Ruhephase zu überleben. Doch auch sie büßen währenddessen einen Großteil ihres ursprünglichen Körpergewichts ein, was unter Umständen zum Tod führen kann.
Was geschieht während des Winters mit dem Nachwuchs?
Die von Regenwürmern abgelegten Regenwurmkokons überleben die kalte Jahreszeit üblicherweise unbeschadet, da sie an einem geschützten und frostfreien Ort in entsprechender Bodentiefe abgelegt werden. Während der kalten Monate entwickeln sie sich weiter, bis im Frühjahr die Jungtiere schlüpfen.